Freitag, 9. Januar 2004
Hinter Tür 19
Heute durfte ich ihn endlich kennen lernen, den Herrn Tür 19. Herr Tür 19 heißt eigentlich Herr H. Jedenfalls hat er sich mir so vorgestellt, inklusive dem "Herr". Irgendwie mochte das nicht recht zu seinem Alter passen. Herr Tür 19 aka Herr H. ist nämlich erst Anfang zwanzig. Seine Promenadenmischung heißt "Judith". Ohne Frau davor, soweit ich mitbekommen habe.

Für beide liegt die Bezeichnung "niedlich" äußerst nahe. Obwohl ich eigentlich davon absehe, Menschen, zumal erwachsene Menschen, als niedlich zu bezeichnen. Aber bei Herrn Tür 19 komme ich nicht umhin. Alles andere paßt da nicht.

Herr Tür 19 ist Student der Juristerei. Aber seine Umgangsformen sind nicht studentisch. Die sind alt. Aber nicht unangenehm alt. Eher witzig alt. Er ist bestimmt jemand, der einer Frau den Mantel über die Pfütze legt, wenn sie es verlangt. Oder nicht verlangt. Möge Gott verhindern, daß ich jemals in die Versuchung komme, das auszuprobieren.

Dazu paßt, daß Herr Tür 19 zuhause mit Hemd, Pullunder und Halstuch herumläuft. Ton in Ton. Und mit Hose natürlich, aber die ist nicht so erwähnenswert. Dazu paßt auch, daß dieses Zuhause voller antiquarischer Eichenmöbel ist. Auch, daß er sich mit "Meine Verehrung" verabschiedet hat, hat mich dann gar nicht mehr gewundert. Aus allen Wolken gefallen wäre ich wahrscheinlich, hätte er einfach "ciao" gesagt. Oder etwas ähnliches.

Jedenfalls: Herr Tür 19, seit ich Sie kenne, kann ich Sie viel besser leiden als vorher. In den letzten Tagen mochte ich Sie nämlich gar nicht besonders. Aber egal.

Die Wartezeit hat sich gelohnt. Ich bin froh, kurz in Ihre Welt geblickt haben zu dürfen. Sie sind ein Unikat. Und ich mag Unikate. Deshalb freue ich mich, daß Sie mein Päckchen unter Verschluß gehalten haben.

Und ich würde mich tatsächlich freuen, wenn Sie auf meine Einladung in meine Welt mal zurückkommen würden. Ehrlich. Ich würde wirklich gern mal wieder mit Ihnen plaudern.

Aber jetzt setze ich mich bewegungslos vor den Fernseher. Bevor der Unbill der letzten Abende mich auch heute erreicht und etwas anstellt. Erst mal ist Bildungsprogramm für den Weihnachtsgeist angesagt. Der hat nämlich viel Ahnung, nur leider nicht von guten Filmen. "Sleepers" halte ich da für unverzichtbar.

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