Montag, 29. März 2004
Theoretische Abhandlung
(oder: Lebenszeichen für Hrn. Kid und wen es sonst noch interessieren könnte)

Mal angenommen, da ist ein Mensch. Leicht vorstellbar, nicht wahr? Und nehmen wir weiter an, daß dieser Mensch einer oder vielleicht auch eine ist, der oder die in alles, was er oder sie anfängt, viel Herzblut investiert. Das Menschlein kann irgendwie nicht anders, das ist wohl ein Gendeffekt oder so. Wäre auch nicht weiter schlimm. Aber man muß bedenken, daß der Mensch ansich ja nicht unbegrenzt Herzblut zur Verfügung hat. Sonst könnte ja niemals jemand verbluten, und doch passiert es hin und wieder.

Und Herzblut zu investieren ist eine gefährliche Sache. Investitionen sind ja bekannt dafür, daß sie sich gelegentlich nicht lohnen. Und dann verliert man das investierte Kapital. Auch wenn es nur Herzblut ist. Oder viel eher, auch wenn es etwas so Wertvolles wie Herzblut ist. Kann passieren, ist aber nicht schlimm. Wenn man sich nicht zu häufig verspekuliert. Sonst kommt es zu Blutarmut. Und die ist gefährlich.

Manche Menschen bemerken ihre Blutarmut zunächst gar nicht. Das Leben ist hektisch, das Leben ist gemein, das Leben zwingt einen, zu neuen Ufern aufzubrechen. Manchmal passiert es sogar, daß bei diesen Aufbrüchen in der Eile und Unachtsamkeit noch mehr Herzblut verloren geht. Gemeines Zeug, dieses Herzblut, geht so leicht verloren.

Aber wie gesagt: man bemerkt es nicht gleich. Sicher ist da ein leichtes Unwohlsein. Aber man hat ja zu tun und kann sich darum nichts so recht kümmern. Irgendwann hat man aber nicht mehr so viel zu tun. Man hat Zeit und Muße, sich an den neuen Ufern umzuschauen und darüber nachzudenken, was man so zurückgelassen hat. Das eher unreflektierte Menschlein fängt dann erst an zu rechnen. Bestandsaufnahmen müssen ja hin und wieder sein, selbst bei unreflektierten Menschen. Und plötzlich kommt sie: die erschreckende Erkenntnis, daß man beinahe blutleer ist.

Zunächst glaubt das Menschlein noch an einen Rechenfehler. Muß ja einer sein, wo soll das ganze Herzblut denn hingekommen sein? So hoch gesetzt und verspielt hat man doch gar nicht oft.

Das Menschlein denkt also angestrengt darüber nach, wo es denn hie und da ein paar Tröpfchen von dem kostbaren Lebenssaft verschwendet haben könnte. Und je länger es denkt, desto klarer werden die Ausmaße der Katastrophe. Die paar Tröpfchen summieren sich im Kurzzeitgedächtnis zu ganzen Lebenssaftströmen. Das Langzeitgedächtnis wird vor lauter Schreck gleich gar nicht mehr gefragt. Es liegen genug Fakten auf dem Tisch.

Es dauert eine ganze Weile, bis das Menschlein aus der Schockstarre erwacht, die die vielen Fakten auf dem Tisch verursacht haben. Als es endlich soweit ist, ist es viel kleiner als vorher, das Menschlein. Runzelig und vertrocknet irgendwie. Hat es sich doch viel zu lange Zeit vorgemacht, daß der Fall vermeidbar, die Konstitution eine gesunde ist. Jetzt kann es sich das nicht mehr vormachen und rudert erstmal eine Weile hilflos mit den Armen. Einfach weil es nicht weiß, was es sonst machen soll. Irgendwann wird ihm das Rudern zu blöd und es hört auf damit. Dann begreift es aber, warum es so stupid vor sich hingerudert hat. Um nicht zu ertrinken. Paradox eigentlich, aber man kann tatsächlich trotz Blutarmut absaufen. In Emotionen nämlich. Für die sind blutarme Menschen leichte Opfer. Weil die nicht so viel Kraft zum Rudern haben und irgendwann aufgeben.

Aber das eine, theoretische Menschlein, von dem ich hier schreibe, hat nicht vor, aufzugeben. Es rudert und rudert, obwohl es manchmal Angst hat, daß ihm die Arme abfallen. Aber wenn das passiert, rudert es eben mit den Beinen weiter. Oder mit den Ohren. Aufhören zu rudern wird es jedenfalls nicht. Bis die Gefahr, in den bösen Emotionen abzusaufen gebannt ist. Und das ruderne und runzelige Menschlein ist sicher, daß das passieren wird, denn besonders geduldig sind seine Emotionen ja nicht. Sie werden sich irgendwann beruhigen und nicht keine bösartigen Fallen mehr sein.

Die Moral von der Geschicht´, lieber Herr Kid, ist nun: beim Rudern sind die Arme verdammt beschäftigt und kommen nicht so recht zum Bloggen. Ganz abgesehen davon, daß die Emotionen im Moment nicht sehr zahm sind und den schreibenden Händen merkwürdige Dinge diktieren würden.

Aber bald, sehr bald hoffentlich, ist das emotionale Ufer wieder in Sicht und das dann ehemals rudernde Menschlein kann wieder lustige und weniger lustige Geschichten bloggen. Während es viele rote Rüben ißt und Eisentabletten lutscht, um die Blutarmut in den Griff zu kriegen. Dadurch werden die Geschichten dann noch lustiger. Oder sonst etwas. Aber auf jeden Fall wieder more regular. I promise.

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Samstag, 13. März 2004
Getöse
Manchmal bin ich gar nicht gut auf mich zu sprechen. Dann hadere ich damit, daß in meinem Kopf so häufig Glocken läuten und fiese kleine Männchen dazu im Chor "Alarm, Alarm" schreien. Zuerst finde ich das ganz okay. Dann schaue ich genau. Und schaue genauer. Und wenn es sein muß, noch genauer. Aber manchmal ist da nichts, was alarmierend wäre.

Und dann bin ich sauer wegen des Schwachsinns, der da in meinem Hirn abgeht. Oder vielmehr in meinem Bauch. So genau konnte ich meine Alarmzentrale noch nicht orten. Obwohl ich sie mir bei solchen Gelegenheiten liebend gerne amputieren lassen würde. Ignorieren klappt nämlich nicht, davon kriege ich abwechselnd Kopfschmerzen und Magenkrämpfe. Deshalb gehe ich auch davon aus, daß die ominöse Alarmzentrale da irgendwo dazwischen liegt. Zwischen Kopf und Bauch. Die Herz-Theorie glaube ich aber auch nicht. Mein Herz hat schon genug damit zu tun, mich am Leben zu halten. Das kann nicht auch noch ständig irgendwelche Glocken und Männchen zum lärmen bringen.

Jedenfalls bin ich bei solchen Gelegenheiten nicht gut auf mich zu sprechen, weil ich Zwiegespaltenheit nicht leiden kann.

Und dann passiert etwas und die Erkenntnis folgt. Die Erkenntnis, daß der Alarm aber schon sowas von berechtigt war. Und schon ärgere ich mich wieder. Weil ich mich so gerne hinstellen würde und ganz laut "Ha, ich habe es ja gewußt" schreien würde. Aber daraus wird nichts. Weil meine dumme Antialarmseite "Schwachsinn, da ist doch nichts" gesagt hat. Mist, Mist, Mist. Wo ich doch so gerne in die Welt hinausschreien würde, daß ich es gewußt habe.

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Dienstag, 9. März 2004
Heitere Melancholie
So läßt sich der gestrige Abend am besten beschreiben. Seinen wundervollen Anfang hat er mit seinen Perlen. Schön, sich von Ausstrahlung und Können dieses Mannes mitreißen zu lassen. Schön auch, daß der Abend nach dem Konzert genauso weiterging. Danke für die sehr spontane Einladung, M. Mir war vorher gar nicht klar, wie nötig ich so etwas mal wieder hatte.

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