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Dienstag, 2. März 2004
Was ungewohnt ist
beyondorange, 22:14h
- Kollegen, die meinen Humor verstehen
- Kollegen, die etwas von ihrer Arbeit verstehen
- Ich bin nicht mehr der Oberzyniker im Team (aber ich arbeite selbstverständlich daran)
- Ich bin zu alt für Feten bis 4 Uhr morgens, auch wenn sie nur nebenan stattfinden und ich nicht eingeladen bin. Das weiß ich, seit ich neben einer Studenten-WG wohne
- Ich muß lernen, ohne meinen geliebten Stabmixer auszukommen, der ist ist beim Umzug verschwunden. Hoffentlich fallen mir in nächster Zeit nicht die Zähne aus.
- Der Weg zur Arbeit ist jetzt so kurz, daß ich immer beinahe zu spät komme. Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch.
- Die Biobananen im neuen Supermarkt um die Ecke schmecken nicht so gut wie die Biobananen im alten Supermarkt um die Ecke.
- Im neuen Supermarkt um die Ecke ist aber das Personal freundlicher als im alten Supermarkt um die Ecke. Dafür führen die meine Lieblingsschokolade nicht.
- Bei meinem neuen Küchenschrank klemmt die Türe nicht. Weil mein Schwung beim Öffnen immer noch der alte ist, ist ein Unglück nur noch eine Frage der Zeit.
- Der Vormieter hat mir seinen Wäschetrockner geschenkt, wofür ich ihm noch sehr lange dankbar sein werde.
- Der Hund vermisst die alte Hundewiese und seine Freunde dort. Ich vermisse den netten Kronenzeitungsverkäufer vor dem Haus und die Bushaltestelle und die gemütliche alte Greißlerin, eine der letzten ihrer Art. Die Katzen vermissen den Balkon. Deshalb sind wir alle gelegentlich etwas stinkig.
- Ich werde nicht mehr um 5 Uhr morgens wach, weil seltsame Menschen um diese Zeit ihr Altglas im Container unter meinem Fenster entsorgen müssen.
- Vom Bett aus kann ich das Bild des Fernsehers im Wohnzimmer sehen. Allerdings nicht gut genug, um im Bett fernsehen zu können. Also ist es eigentlich egal.
- Die Zigarettenautomaten hier in der Gegend scheinen ständig alle kaputt zu sein.
Und so weiter, und so weiter...
- Kollegen, die etwas von ihrer Arbeit verstehen
- Ich bin nicht mehr der Oberzyniker im Team (aber ich arbeite selbstverständlich daran)
- Ich bin zu alt für Feten bis 4 Uhr morgens, auch wenn sie nur nebenan stattfinden und ich nicht eingeladen bin. Das weiß ich, seit ich neben einer Studenten-WG wohne
- Ich muß lernen, ohne meinen geliebten Stabmixer auszukommen, der ist ist beim Umzug verschwunden. Hoffentlich fallen mir in nächster Zeit nicht die Zähne aus.
- Der Weg zur Arbeit ist jetzt so kurz, daß ich immer beinahe zu spät komme. Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch.
- Die Biobananen im neuen Supermarkt um die Ecke schmecken nicht so gut wie die Biobananen im alten Supermarkt um die Ecke.
- Im neuen Supermarkt um die Ecke ist aber das Personal freundlicher als im alten Supermarkt um die Ecke. Dafür führen die meine Lieblingsschokolade nicht.
- Bei meinem neuen Küchenschrank klemmt die Türe nicht. Weil mein Schwung beim Öffnen immer noch der alte ist, ist ein Unglück nur noch eine Frage der Zeit.
- Der Vormieter hat mir seinen Wäschetrockner geschenkt, wofür ich ihm noch sehr lange dankbar sein werde.
- Der Hund vermisst die alte Hundewiese und seine Freunde dort. Ich vermisse den netten Kronenzeitungsverkäufer vor dem Haus und die Bushaltestelle und die gemütliche alte Greißlerin, eine der letzten ihrer Art. Die Katzen vermissen den Balkon. Deshalb sind wir alle gelegentlich etwas stinkig.
- Ich werde nicht mehr um 5 Uhr morgens wach, weil seltsame Menschen um diese Zeit ihr Altglas im Container unter meinem Fenster entsorgen müssen.
- Vom Bett aus kann ich das Bild des Fernsehers im Wohnzimmer sehen. Allerdings nicht gut genug, um im Bett fernsehen zu können. Also ist es eigentlich egal.
- Die Zigarettenautomaten hier in der Gegend scheinen ständig alle kaputt zu sein.
Und so weiter, und so weiter...
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Donnerstag, 29. Januar 2004
Rebel yell
beyondorange, 22:35h
Ich habe einen neuen Lieblingsspruch:
"I don´t understand people who are afraid of new ideas. I´m afraid of the old ones." (John Cage)
Seit heute hängt der in sehr großer Schrift über meinem Schreibtisch. Der, den es hauptsächlich angeht, hat ihn schon verstanden. Beruhigend zu wissen, daß er auf kleine Winke ohne Zaunpfahl auch gereizt reagiert.
"I don´t understand people who are afraid of new ideas. I´m afraid of the old ones." (John Cage)
Seit heute hängt der in sehr großer Schrift über meinem Schreibtisch. Der, den es hauptsächlich angeht, hat ihn schon verstanden. Beruhigend zu wissen, daß er auf kleine Winke ohne Zaunpfahl auch gereizt reagiert.
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Mittwoch, 28. Januar 2004
Lebensmensch
beyondorange, 01:22h
Das hier hat mich erinnert. An zwei Menschen, die ich schon lange vermisse. Zwei Menschen, die für mich immer so etwas wie ein Weltwunder waren. Schon als Kind habe ich gespürt, wie besonders das ist, das sie verbindet. Wie außergewöhnlich es ist, nach Jahrzehnten noch regelmäßig Händchen haltend, küssend und verliebt lachend durch den Ort zu spazieren. R. und N. Die beiden, die nicht waren wie andere Paare.
Aufgewachsen auf benachbarten Bauernhöfen kannten sie sich ihr Leben lang. Eine Sandkastenliebe. Eine, die hielt. Bis daß der Tod sie schied. Daß es wirklich Liebe war, die der Tod letztlich schied, und nicht Gewohnheit, wußte jeder. Jeder, der sie kannte zumindest.
Unvergessen die Tage mit N., wenn R. nicht da war. Die beiden waren selten getrennt, aber R. liebte es, Kaffeefahrten zu machen. N. nicht. Deshalb blieb er zuhause. Und tat das, was liebende Menschen tun. Vermissen. Und aufgeregt der Wiedervereinigung entgegenfiebern. Den ganzen Tag war er geistig abwesend, der grobschlächtige Opaersatz mit den großen Händen. Ständige Blicke zur Uhr. Nachmittags wurde es für mich, die Beobachterin, aufregend. Dann begann er mit seinem Ritual.
Große Blumensträuße kaufen im Nachbarort. Das Abendessen zubereiten. Daß N. die Feldarbeit gewohnt war, aber nicht die Küchenarbeit, machte dies für mich als Kind zu einem lustigen Ereignis. Es war ein Vergnügen zu sehen, wie tollpatschig er die einfachsten Handgriffe erledigte. Tollpatschig, aber nicht widerwillig. Im Gegenteil. Ich glaube, er liebte diesen Teil des Rituals. Ähnlich wie ein Kind, das seiner Mutter das Muttertagsfrühstück zubereitet, glühte er vor Feuereifer. Als Teenager habe ich es einmal gewagt, helfend eingreifen zu wollen und mir dafür seinen Zorn zugezogen. Es war sein Ritual, sein Geschenk.
Helfen durfte ich bei der Auswahl der Krawatte. Wie viele Menschen seiner Generation besaß er den typischen Sonntagsanzug. Den er zum Kirchgang trug. Und um seine Frau vom Bus abzuholen, nachdem sie die "große, weite Welt" erkundet hatte. Wir Pseudoenkelkinder waren immer mit dabei, wenn er herausgeputzt und mit Blumen bewaffnet zur Haltestelle ging. Nicht ganz uneigennützige Schützenhilfe, war doch ein kleines Mitbringsel zu erwarten.
Die Wartezeit war immer zermürbend und ich habe ihre Notwendigkeit lange nicht verstanden. War doch die Bushaltestelle nur etwa drei Minuten vom Haus der beiden entfernt, wir aber standen dort meist über eine Stunde vor der erwarteten Ankunft herum und warteten. In diesem Punkt duldete N. auch keinen Widerspruch. Wer ihm logisch kam, wurde nach Hause geschickt. Das habe ich niemals riskiert. Zu wertvoll war es, das große Ereignis mitzuerleben. Den Moment, in dem der ersehnte Bus endlich in Sichtweite kam. Adrenalin pur. Nicht nur wegen der Vorfreude auf das Mitbringsel. Vor allem wegen dieses Anblicks. Sobald die Heimkehr seiner Frau in so greifbarer Nähe war, sah N. unbeschreibbar euphorisch aus. Und gerührt. Als hätte er in Wirklichkeit gar nicht damit gerechnet, daß sie tatsächlich wiederkommt. "Wie ein Kind, das glaubt, dem Christkind begegnet zu sein", hat mein Bruder später einmal versucht, es zu beschreiben. Treffend, würde ich sagen.
So oft wie möglich habe ich diesen Augenblick versucht einzufangen. Mit einem diffusen Glücksgefühl als kleines Kind. Mit der absoluten Gewissheit, daß es genau so sein muß als größeres Kind. Und mit der Hoffnung, daß ich das auch erlebe. Später einmal, wenn ich dann endlich erwachsen bin.
Aufgewachsen auf benachbarten Bauernhöfen kannten sie sich ihr Leben lang. Eine Sandkastenliebe. Eine, die hielt. Bis daß der Tod sie schied. Daß es wirklich Liebe war, die der Tod letztlich schied, und nicht Gewohnheit, wußte jeder. Jeder, der sie kannte zumindest.
Unvergessen die Tage mit N., wenn R. nicht da war. Die beiden waren selten getrennt, aber R. liebte es, Kaffeefahrten zu machen. N. nicht. Deshalb blieb er zuhause. Und tat das, was liebende Menschen tun. Vermissen. Und aufgeregt der Wiedervereinigung entgegenfiebern. Den ganzen Tag war er geistig abwesend, der grobschlächtige Opaersatz mit den großen Händen. Ständige Blicke zur Uhr. Nachmittags wurde es für mich, die Beobachterin, aufregend. Dann begann er mit seinem Ritual.
Große Blumensträuße kaufen im Nachbarort. Das Abendessen zubereiten. Daß N. die Feldarbeit gewohnt war, aber nicht die Küchenarbeit, machte dies für mich als Kind zu einem lustigen Ereignis. Es war ein Vergnügen zu sehen, wie tollpatschig er die einfachsten Handgriffe erledigte. Tollpatschig, aber nicht widerwillig. Im Gegenteil. Ich glaube, er liebte diesen Teil des Rituals. Ähnlich wie ein Kind, das seiner Mutter das Muttertagsfrühstück zubereitet, glühte er vor Feuereifer. Als Teenager habe ich es einmal gewagt, helfend eingreifen zu wollen und mir dafür seinen Zorn zugezogen. Es war sein Ritual, sein Geschenk.
Helfen durfte ich bei der Auswahl der Krawatte. Wie viele Menschen seiner Generation besaß er den typischen Sonntagsanzug. Den er zum Kirchgang trug. Und um seine Frau vom Bus abzuholen, nachdem sie die "große, weite Welt" erkundet hatte. Wir Pseudoenkelkinder waren immer mit dabei, wenn er herausgeputzt und mit Blumen bewaffnet zur Haltestelle ging. Nicht ganz uneigennützige Schützenhilfe, war doch ein kleines Mitbringsel zu erwarten.
Die Wartezeit war immer zermürbend und ich habe ihre Notwendigkeit lange nicht verstanden. War doch die Bushaltestelle nur etwa drei Minuten vom Haus der beiden entfernt, wir aber standen dort meist über eine Stunde vor der erwarteten Ankunft herum und warteten. In diesem Punkt duldete N. auch keinen Widerspruch. Wer ihm logisch kam, wurde nach Hause geschickt. Das habe ich niemals riskiert. Zu wertvoll war es, das große Ereignis mitzuerleben. Den Moment, in dem der ersehnte Bus endlich in Sichtweite kam. Adrenalin pur. Nicht nur wegen der Vorfreude auf das Mitbringsel. Vor allem wegen dieses Anblicks. Sobald die Heimkehr seiner Frau in so greifbarer Nähe war, sah N. unbeschreibbar euphorisch aus. Und gerührt. Als hätte er in Wirklichkeit gar nicht damit gerechnet, daß sie tatsächlich wiederkommt. "Wie ein Kind, das glaubt, dem Christkind begegnet zu sein", hat mein Bruder später einmal versucht, es zu beschreiben. Treffend, würde ich sagen.
So oft wie möglich habe ich diesen Augenblick versucht einzufangen. Mit einem diffusen Glücksgefühl als kleines Kind. Mit der absoluten Gewissheit, daß es genau so sein muß als größeres Kind. Und mit der Hoffnung, daß ich das auch erlebe. Später einmal, wenn ich dann endlich erwachsen bin.
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